Mein nächstes Projekt steht in den Startlöchern: Hotel Hohenstetten, eins meiner Herzensbücher, das ich schon vor längerer Zeit geschrieben habe, steht nun vor der Veröffentlichung.

Hier kommt nun die erste Leseprobe aus meinem besonderen Roman, der von acht unterschiedlichen Persönlichkeiten handelt, die zufällig im Hotel Hohenstetten aufeinandertreffen.

Nachdem sich Helena zufällig im Raum umsah, war ihr Lächeln mit einem Mal wie weggewischt. „Oh nein, der hat mir gerade noch gefehlt“, zischte sie unterdrückt auf.
„Was hast du denn? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst erblickt“, fragte Andrea arglos. Nachdem sie Helenas Blick gefolgt war, ergänzte sie erstaunt: „Ich dachte, du und Yannick, ihr wärt Freunde. Warum regst du dich auf, wenn du ihn siehst?“
„Ich habe doch kein Problem mit Yannick! Ich meine seinen Begleiter, bevor du fragst, nein nicht Herrn Damitto, sondern den anderen. Sein Name ist mir entfallen. Er hat mich neulich, als ich im Restaurant ausgeholfen habe, total unfreundlich und herablassend behandelt.“ Helena gab ihrer Freundin eine Kurzfassung ihrer Erfahrung mit diesem ungehobelten Schnösel. Wie er schon wieder aussah. Nicht einmal nach Feierabend konnte er sich von seinem weißen, perfekt gebügelten Hemd und Jackett trennen. Legere Kleidung konnte er wahrscheinlich nicht einmal buchstabieren. Immerhin hatte er es diesmal unterlassen, sich eine Krawatte umzubinden.Er passte optisch weder zu Yannick noch zu Timurcin Damitto. Beide waren sportlich mit Jeans, Sneakers und T-Shirt gekleidet. Er sah viel zu overdressed für einen Kneipenbesuch aus, als ob er völlig fehl am Platz wäre. Wahrscheinlich hatte er während seines Münchener Aufenthaltes seine Nächte im P1, Münchens angesagtem Klub, verbracht. Sie konnte nicht nachvollziehen, warum jemand wie er dem Großstadtleben, den Aufenthalt in Oberstdorf vorzog.Helena vermutete, dass dieses Ambiente weder seinem Geschmack noch seinen üblichen Auswahlkriterien entsprach.
„Sprichst du von Herrn Berger? Er war schon eine ganze Weile nicht mehr im Restaurant. Aber ich habe ihn früher oftmals bedient und er war immer äußerst zuvorkommend und großzügig gewesen.“ Mit dieser Antwort versetzte ihre Freundin Helena in fassungsloses Erstaunen.
„Wir reden schon von derselben Person oder? Ich meine diesen eingebildeten Schnösel, der es nicht einmal unterlassen kann, in einem gewöhnlichen Pub den erfolgreichen Geschäftsmann heraushängen zu lassen. Er ist bestimmt der Ansicht, alle Frauen fallen bei seinem Anblick reihenweise in Ohnmacht. Du scheinst zumindest die Erste zu sein“, gab sie mit einem Seitenhieb zurück, als sie die schmachtenden Blicke ihrer Freundin bemerkte.
„Du musst aber schon zugeben, er sieht einfach göttlich aus. Der perfekte Traummann, leider scheint er verheiratet zu sein. Das entnahm ich zumindest einem Gespräch mit Yannick. Er war nicht allzu gesprächig, als ich ihn über seinen Kumpel ausgefragt habe.“
„Jetzt reiß dich mal zusammen! Du sabberst ja gleich“, rügte Helena ihre Freundin ungewohnt launisch.
„Ich lass mir von dir doch nicht diesen herrlichen Anblick schlechtreden. Ich mag ihn, egal was du von ihm hältst“, gab Andrea augenzwinkernd zurück.
Helena kniff die Augen zusammen und entgegnete empört: „Dann lag es wohl an mir, dass er so unmöglich mit mir umgesprungen ist?“
„Möglich wäre es. Immerhin solltest du dir mal überlegen, warum Yannick mit ihm befreundet ist. Irgendwelche positiven Seiten muss Herr Berger wohl besitzen.“
„Die versteckt er aber außerordentlich gut.“ Helena sah Andrea grimmig an, doch die lächelte nur.
„Wenn er wirklich das arrogante, selbstverliebte Arschloch wäre, als das du in gerade darstellst, würde Yannick sich wohl kaum mit ihm abgeben.“
„Lass uns lieber von etwas anderem reden, bevor wir uns noch streiten“, beschloss Helena, ohne auf Andreas letzte Äußerung einzugehen, an der bestimmt etwas Wahres dran war. Am liebsten würde sie das unangenehme Gefühl in der Magengegend ignorieren, weil es ihr bewusst machte, dass sie doch ein schlechtes Gewissen spürte, ihn herausgefordert zu haben. Zeitgleich verletzte es sie aber auch ein wenig, dass Andrea sie nicht verstand. Im selben Augenblick hatte Yannick sie erblickt und winkte die Freundinnen freudestrahlend zu sich herüber. Als Helena sich zierte und abwinkte, machte er seine Freunde auf sie aufmerksam. Beide warfen den Frauen einen Blick zu. Helena konnte sogar aus dieser Entfernung erkennen, wie sich die Gesichtszüge von Yannicks Freund unvermittelt verfinsterten, als er sie erkannte. Na prima, das versprach doch ein vergnüglicher Abend zu werden, dachte Helena frustriert, als sie ihren Freund auf sich zukommen sah. Sie wusste genau, sie würde Yannicks Überredungskünsten nichts entgegensetzen können. Und Andrea versprach auch keine große Hilfe zu werden. Sie lechzte geradezu danach, an den Tisch der Männer zu gelangen. Yannick umarmte Helena freundschaftlich, als er ihren Tisch erreicht hatte und begrüßte anschließend ihre Freundin.
„Hallo Andrea, schön dich zu sehen. Warum sitzt ihr beiden hier ganz alleine, wenn ihr die einmalige Gelegenheit habt, am Tisch der drei bestaussehensten Männer in Oberstdorf, ach was sage ich, von ganz Deutschland, zu sitzen?“ Der Schalk blitzte aus Yannicks grünen Augen.
„Eingebildet sind wir heute überhaupt nicht“, gab Helena spöttisch zurück.
„Wo er recht hat, hat er recht“, warf Andrea augenzwinkernd ein.
„Danke, du bist ein Schatz.“ Er gab ihr einen dicken schmatzenden Kuss auf die Wange.Andrea warf ihm einen hollywoodreifen schmachtenden Blick zu.
„Immer gerne, Darling“, hauchte sie mit tiefer, rauchiger Stimme und strich ihm vertraulich über den Unterarm. Beide schenkten sich einen tiefen Blick und schienen in den Augen des anderen zu versinken.
Helena glaubte sich im falschen Film zu befinden. Was lief da zwischen ihren beiden besten Freunden ab? Weder Yannick noch Andrea hatten ihr gegenüber verlauten lassen, dass zwischen ihnen mehr entstanden war als ein freundschaftliches Arbeitsverhältnis. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie privat nur über Helena miteinander zu tun gehabt. Warum hatte sie davon nichts mitbekommen? Sie verspürte ein leises Gefühl von Eifersucht in sich aufsteigen, das sie unverzüglich aus dem emotionalen Gleichgewicht warf. Was hatte es zu bedeuten, dass sie ihrer Freundin eine Beziehung mit Yannick nicht gönnte? Helena bemühte sich ihre wirren Gefühle nicht anmerken zu lassen.
„Was ist denn nun? Leistet ihr uns ein wenig Gesellschaft? Timurcin und Simon würden sich über etwas weibliche Verstärkung freuen.“ Yannick holte Helena zurück in die Realität.
„Das kann ich mir beim besten Willen kaum vorstellen“, bellte Helena barsch. Sie konnte beobachten, wie Yannick aufgrund ihrer merkwürdigen Reaktion erstaunt die Augen aufriss. Bevor er aber Gelegenheit erhielt zu antworten, mischte Andrea sich ein: „Keine Sorge Yannick, das war absolut nicht persönlich gemeint. Helena ist heute schlecht gelaunt, das habe ich vorhin ebenfalls zu spüren bekommen.“
Reumütig blickte Helena von einem zu anderen: „Bin ich wirklich so unausstehlich?“ Sie beschloss Simon noch eine zweite Chance zu geben, weil sie Andrea nicht den Abend versauen wollte. „Sorry. Wir werden gleich zu euch kommen, schließlich kann ich Andrea doch nicht um ein Gespräch mit ihrem Traummann bringen. Aber vorher muss ich noch was mit Andrea bequatschen.“
„Von welchem der drei anwesenden Traummänner sprichst du? Helena, du musst dich etwas deutlicher ausdrücken“, gab Yannick grinsend zurück.Mit einem Seitenblick auf eine grinsende Andrea gab sie spröde zurück:
„Ich spreche von deinem geschniegelten, ungehobelten Freund.“
Yannick warf Simon einen musternden Blick zu und wandte sich entspannt Andrea zu. „Dann wünsche ich dir viel Glück, dieses Unterfangen könnte eine Nummer zu groß für dich sein.“
Helena wunderte sich einerseits, dass Yannick keinen Grund zur Eifersucht zeigte, vielleicht hatte sie das Verhalten ihrer Freunde doch falsch gedeutet. Andererseits verspürte sie über Yannicks Worte erneut Wut in sich aufsteigen.
„Was soll das denn bitte heißen? Dass Andrea für deinen eingebildeten Märchenprinzen nicht gut genug ist? Weil sie nur Servicekraft ist?“
„Helena, jetzt lass mal gut sein. Du kennst Simon überhaupt nicht und maßt dir ziemlich dreist an, vorschnell über ihn zu urteilen. Vielleicht hat er sich dir gegenüber neulich wirklich nicht korrekt verhalten, aber jetzt gib dir einen Ruck und gib ihm wenigstens die Chance, es wieder gut zu machen. Du bist doch sonst nicht so stur.“ Sie konnte Yannick ansehen, wie er sich bemühte, ruhig zu bleiben.Helena wurde verlegen, da sie es nicht leiden konnte, von Yannick gerügt zu werden. Überhaupt mochte sie es nicht, sich mit ihm zu streiten. Eigentlich war sie ein umgänglicher Mensch, zumindest bei Personen, die ihr nahestanden.
Sie legte ihm beruhigend ihre Hand auf seine und meinte besänftigend: „Es tut mir leid, du kennst deinen Freund schließlich besser als ich. Ich sagte doch, wir kommen gleich.“ Yannick erwiderte ihren Händedruck aufmunternd und verließ die beiden Frauen, um zu seinen Kumpels zurückzukehren.
„So kratzbürstig kenne ich dich gar nicht“, meinte Andrea und sah sie neugierig an. „Ich fand es zwar nett von dir, mich zu verteidigen, aber das ist nicht nötig. Ich habe Yannicks Bemerkung nicht als Beleidigung aufgefasst. Vorhin habe ich dir doch erzählt, dass Simon verheiratet ist. Deshalb werde ich kaum eine Chance bei ihm haben.“ Andrea seufzte wehmütig auf.
„Da sind wohl die Pferde mit mir durchgegangen.“ Sie versteckte ihr Gesicht hinter ihren Händen und seufzte. Dann sah sie ihre Freundin wieder an und gab zu: „Ich urteile manchmal wirklich etwas vorschnell. Aber jetzt zu einem anderen Thema, das mich brennend interessiert.“ Sie rückte vertraulich auf der Bank näher zu Andrea. „Was läuft da zwischen dir und Yannick und jetzt erzähl mir bloß nicht, ihr seid nur Freunde?“
„Gut beobachtet! Bis vor kurzem waren Yannick und ich nur Arbeitskollegen. Aber wir haben uns vor zwei Wochen zufällig beim Weggehen getroffen und beim Feiern ein wenig zu viel Alkohol erwischt. Am nächsten Morgen wachte ich im Bett mit Kopfschmerzen und Yannick an meiner Seite auf“, klärte Andrea ihre Freundin amüsiert auf.
Diese sah sie zuerst ungläubig an, dann begann sie Andreas Worte zu begreifen und sie schlug sich die Hand vor den Mund. „Das heißt, ihr beide hattet einen One-Night-Stand?“
„Du bist manchmal echt begriffsstutzig. Bevor du fragst, es war sehr schön, aber wir haben im beiderseitigem Einverständnis beschlossen, es bei einer einmaligen Sache zu belassen. Es würde sonst zu kompliziert werden, privates und berufliches so eng zu vermischen. Außerdem ist Yannick wohl nicht für eine monogame Beziehung geschaffen.“
Helena schüttelte den Kopf, sie war erleichtert, dass ihre Freundin offenkundig wirklich nicht mehr als Freundschaft für Yannick empfand, sonst hätte sie ihm persönlich den Kopf abgerissen. Er konnte aber auch keine einzige Gelegenheit auslassen. Sogar bei ihr hatte er es zu Beginn ihrer Anfangszeiten im Hotel versucht, war aber auf Granit gestoßen. Beide waren schnell zu dem einvernehmlichen Entschluss gekommen, dass echte Freundschaft wertvoller war als einige wenige Stunden Vergnügen, die für allerlei Komplikationen sorgen würden. Aber sie nahm ihm seine lockere, unverfängliche Art mit Frauen umzugehen, übel. Das Ganze war für ihn immer nur ein großes Spiel, in dem es im besten Fall keine, im schlechten Fall eine Verliererin gab.
„Ich kann es nicht glauben. Das wird immer komplizierter“, seufzte Helena verstimmt.
„Ich weiß nicht, was du für ein Problem hast. Yannick und ich können auch nach dem Sex noch ungezwungen miteinander umgehen. Kann es vielleicht sein, dass du für Yannick mehr empfindest, als du zugeben möchtest? Oder warum reagierst du so übertrieben?“ Aus Andreas Stimme sprach Mitgefühl.
„Ich bin doch nicht in Yannick verliebt. Ich bitte dich!“ Helenas Stimme bebte vor Entrüstung. Heute war irgendwie verkehrte Welt. „Sogar, wenn es der Fall wäre, was definitiv nicht wahr ist“, wiegelte sie schnell ab, als sie Andreas Blick sah, „könnte ich augenblicklich nichts weniger als einen Freund gebrauchen. Du weißt, wie meine letzte Beziehung verlaufen ist. Glaube mir, ich habe erst einmal die Nase voll von Männern.“ Da Helena nicht über ihren Ex-Freund sprechen wollte, wählte sie das geringfügig kleinere Übel, nahm ihr Glas und ging schicksalsergeben zum Tisch der Männer.